Wahrung der Lufthoheit
Die Wahrung und Verteidigung der Lufthoheit sind zentrale Wesensmerkmale einer Luftwaffe. Um ein souveränes Land wie Österreich zu schützen, braucht es bewaffnete einsatzfähige Kampfflugzeuge, die ihren Auftrag in jeder Wetterlage erfüllen können. Insbesondere im Krisen- oder Konfliktfall sind einsatzfähige Systeme für einen Staat unerlässlich. Aber auch in der normalen Lage setzen moderne Kampfflugzeuge im Rahmen des alltäglichen Luftpolizeidiensts die staatlichen Luftverkehrsregeln durch.
Befindet sich ein ziviles oder militärisches Flugzeug in einem Luftraum, muss es sich via Funk identifizieren können. Ist dies nicht der Fall, wird ein Alarmstart (Quick Reaction Alert, QRA) von bewaffneten Kampfflugzeugen ausgelöst. Im Nachbarland Schweiz stehen für dieses Szenario seit Anfang 2021 zwei Flugzeuge rund um die Uhr bereit. Unterschieden wird zwischen «Live Missions» und «Hot Missions». Erstere sind Stichprobe-Kontrollen von ausländischen zivilen oder militärischen Staatsflugzeugen, die einen Luftraum nur mit diplomatischer Freigabe überfliegen dürfen. «Hot Missions» hingegen sind Einsätze, die aufgrund einer Verletzung der Lufthoheit oder schwerwiegende Missachtung von Luftverkehrsregeln ausgelöst werden. In Österreich zählt man pro Jahr regelmäßig rund 30 – 50 solche «Hot Missions».
Im Luftpolizeidienst sowie zwecks Aufrechterhaltung des QRA werden im Rahmen von «Baltic Air Policing» unter NATO-Kommando vier Gripen der tschechischen und ungarischen Luftwaffe eingesetzt. Zusammen absolvieren die Gripen Mehrzweckkampfflugzeuge während der jeweils viermonatigen Missionen 400 Flugstunden.
Blind ohne Selbstschutz
Um den Schutz der Bevölkerung rund um die Uhr gewährleisten zu können, braucht es eine moderne Luftwaffe mit allwetter-tauglichen und einsatzfähigen Systemen. Aber auch der Pilot muss mit seinem Kampfflugzeug jederzeit situationsgerecht reagieren und agieren können.
So zählt das Selbstschutzsystem an Bord eines modernen Kampfflugzeuges zu den zentralen Elementen. Das Selbstschutzsystem liefert dem Piloten wichtige Informationen über den Betriebszustand gegnerischer Waffensysteme, was essentiell zur Bestimmung der eigenen Bedrohungslage und damit eigenen lagegerechten Handlungsoptionen ist. Des Weiteren kann ein modernes Selbstschutzsystem im Falle eines Angriffes den erfolgreichen Waffeneinsatz des Gegners verhindern. Ein solches Selbstschutzsystem ist aktuell bei der österreichischen Luftwaffe nicht vorhanden.
Ein Electronic Warfare System (EW) umfasst einen Radarwarnempfänger (RWR), interne Störsender zur Unterstützung der aktiven elektronischen Gegenmaßnahmen sowie Chaff- und Flare Dispenser. In diesem Bereich bietet das Gripen-System maximale Flexibilität und Souveränität und ermöglicht eine eigenhändige Programmierung des EW-Systems, einschließlich der souveränen Kontrolle über die Bedrohungs- und Gegenmaßnahmen-Datenbanken. Weitere Upgrades im Bereich von Digital Radio Frequency Memory (DRFM) der nächsten Generation stehen bereits an: erhöhte Sensitivität und Selektivität sowie Signal- und Datenverarbeitungstechniken.
Als Mehrzweckskampfflugzeug verfügt das Selbstschutzsystem des Gripen über hochmoderne Gallium-Nitrid Antennen. Diese ermöglichen es, eine Vielzahl von Gegnern in einer großen Bandbreite, gleichzeitig, effektiv zu stören oder zu täuschen. Das Flugzeug ist zudem mit dem einzigartigen taktischen Fighter-zu-Fighter-Datenverbindungssystem (TIDLS) ausgerüstet. TIDLS empfängt von allen Beteiligten einer taktischen Lufteinheit wichtige Flugzeugstatus-Informationen zu Treibstoff, Radar- und anderen Sensordaten sowie relevante Informationen zur Mission und tauscht diese in Echtzeit zwischen den Flugzeugen aus. Dies verschafft den Piloten entscheidende Informationsüberlegenheit.
Allwettertaugliche Waffensysteme
Eine Luftwaffe muss rund um die Uhr und bei allen Wetterbedingungen einsatzbereit sein. Hinzu kommen allwettertaugliche Waffensysteme. Im Luftpolizeidienst kann eine Situation unter Umständen unerwartet und plötzlich eskalieren und zur ernsthaften Bedrohung für Pilot und Bevölkerung werden. Dann nämlich, wenn ein Flugzeug im österreichischen Luftraum nicht gemäss Weisungen der Flugverkehrskontrollstelle bzw. Luftpolizei-Patrouille kooperiert.
Mittels Radar-Upgrades in den Bereichen Datenverbindung, Reichweite und AESA-Technologie wird mit Gripen das volle Potenzial neuer Waffen-Versionen ausgeschöpft. Für Einsätze innerhalb des Sichtbereichs kommen IRIS-T und Sidewinder zum Einsatz - integriert im weiterentwickelten nachtsichtfähigen HMD (Helmet Mounted Display). Für große Reichweiten verfügt Gripen über integrierte Luft/Luft-Lenkwaffen des Typs AMRAAM und Meteor. Letzteres System wird als Game Changer bezeichnet und bietet eine sehr hohe Abschußwahrscheinlichkeit aufgrund der hervorragenden kinematischen Leistung im Endgame. Die Zwei-Wege-Datenverbindung ermöglicht es dem Piloten, während der gesamten Flugphase der Meteor die Kontrolle als «man-in-the-loop» zu behalten, das Ziel zu ändern oder sogar den Waffeneinsatz abzubrechen.
Um den wirksamen Schutz der Bevölkerung und Gesellschaft heute und auch morgen durch eine moderne Luftwaffe gewährleisten zu können, braucht es zeitgemässe Systeme. Systeme, die langfristig und nachhaltig kosteneffizient, aber auch im Ernstfall effektiv und rund um die Uhr operiert werden können.